Zelten im Regen

Christina Walther

Sonntag, 14. August

Heute wollen wir Boot fahren. Wir haben das Vierer-Kanu vorbestellt. Und da der Wetterbericht zumindest für den Vormittag schönes Wetter ansagte, stehen mal alle um acht auf und beeilen sich mit dem Frühstück.

Als wir an der Anlegestelle ankommen, gibt es zunächst ein Problem. Die Leute, die das Boot am Vortag ausgeliehen hatten, haben sich „übernommen”, wie Frau Z. sagt, so daß das Boot nun in Wesenberg ist und nicht hier. Das Wort „übernommen” läßt Sophia keine Ruhe und später fragt sie dann, was das denn sei, wenn sich Leute übergeben.

Wir besteigen also ein Boot mit drei Sitzbänken. Papa als großer Steuerer sitzt hinten, Sophia und Johanna auf der Mittelbank und ich vorne. Emilia muß auf Sophias Kindersitz zwischen meinen Beinen hocken, was von allen Beteiligten etwas unangenehm empfunden wird.

Doch während ich mir die Beine verbiege und schweige, will Emilia sofort ihren Anwalt sprechen. Da wir zuerst entlang des Campingplatzes paddeln, wird wohl auch der letzte Dauercamper mitbekommen, wie schrecklich unser Kind das Bootfahren findet. Ich bin leicht genervt und biete Emilia an, sie könne ja aussteigen.

Angesichts solcher Alternativen schläft sie endlich ein, so daß die Fahrt durch den Kanal wunderbar ruhig und erholsam ist. Bei mir stellt sich zum ersten Mal richtig Urlaubsgefühl ein (Abgesehen von den üblichen schwesterlichen Streitigkeiten um Quadratmikrometer der Sitzbank und das Recht auf Entenfütterung).

Wir paddeln zum Rätzsee, vorbei am FKK-Campingplatz. Wohl den eher herbstlichen Temperaturen geschuldet sind die meisten Camper tatsächlich bekleidet; trotzdem beschließen Andreas und ich, daß diese Art Urlaub reichlich unattraktiv für uns ist.

Wir fahren noch ein wenig um den See, essen Brötchen mit Käse, wozu Emilia endlich aufwacht und sofort wieder Protest gegen den aus ihrer Sicht unangemessenen Sitzplatz einlegt. Zum Glück erklärt sich Johanna bereit, mit der kleinen Schwester zu tauschen und kuschelt sich ganz gemütlich zwischen meine Beine.

Die Rückfahrt gestaltet sich dann etwas unentspannt, zum einen, weil es mal wieder regnet (Und der Wetterbericht hat doch recht!), zum anderen, weil Emilia in völliger Verkennung der Situation im Boot rumspringt und sich über die Reling (oder wie das heißt) hängt. Andreas und ich sind nach vielen Ermahnungen schließlich so weit, sie einfach reinfallen zu lassen, immerhin trägt sie Rettungsweste. Aber Sophia ist sehr um ihre kleine Schwester besorgt und bewahrt sie wohl vor Schlimmeren.

Mittlerweile geht Sophia auch schon sehr geschickt mit dem Paddel um. Beim Bootrausheben falle ich dann böse aufs Knie; alles in allem haben wir das Gefühl, heute was getan zu haben. Der Rest des Nachmittages vergeht mit ausgiebiger Körperpflege und Sophia rechnet aus, daß drei Minuten Duschen einhundertachtzig Sekunden sind. Abends koche ich mal richtig, und nach gemeinsamen Singen kriechen alle sehr erschöpft in die Schlafsäcke.