Siebenter Tag - Burren
Der Wetterbericht hält, was er versprochen hat: Es ist leicht bewölkt und viel wärmer als am Vortag. Wenn wir solch ein Wetter auf Inish Bofin gehabt hätten .. aber es ist müßig, darüber zu sinnieren.
Unser Ziel heute ist der Burren, da kommt der Sonnenschein doch gerade recht. Gestern habe ich eine Route ausgesucht, die uns an möglichst vielen Castles und Stones vorbeiführen soll.
Kurz vor Kinvara halten wir das erste Mal an Dongory Castle. Wir laufen einmal herum und erfreuen uns an der hübschen Postkartenansicht von Kinvara.
Eigentlich wollen wir gleich weiterfahren, aber Peter verkündet, daß es in dem Craftshop schöne Dinge gäbe und da ist kein Halten mehr. Irgendwann kann sich aber auch der letzte wieder losreißen und es geht weiter.
Der Burren: graue, schroffe Berghänge; bei Näherkommen Scharten, Rinne, Steine - ganz anders als die immer nassen Wiesen bisher.
Die Straße windet sich durch diese Mondlandschaft. Am ersten großen Parkplatz müssen wir anhalten, rausspringen, über diese Steine laufen, immer weiter und weiter. Zwischen den Steinen Grün, gesprenkelt mit weißen, rosa, violetten, gelben Blüten, endlos bis zum Horizont.
Ein Busfahrer entläßt eine Gruppe Japaner. Fotoapparate klicken, dann steigen alle brav wieder ein. Wir bedauern sie ein wenig. Der Busfahrer ruft uns irgendetwas tadelndes zu, vielleicht, weil wir eines dieser Mäuerchen überstiegen haben um über das Steinfeld laufen zu können. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß wir irgend jemandem dadurch Schaden zufügen könnten - genausowenig wie ich mir vorstellen kann, was jemand von dieser Felswüste für Nutzen ziehen kann. Hier können ja noch nicht einmal mehr Schafe weiden.
Ich frage mich, ob es in Irland Grundsteuer gibt. Vermutlich nicht, denn sonst wäre wohl nicht jeder Quadratmeter auch noch des letzten unwirtlichen Berges von Mauern umschlossen.
Georg findet einen versteinerten Muschelabdruck, woraufhin alle großen und kleinen Jungs anfangen, jeden Stein umzudrehen. Nach einem längeren Weilchen wollen wir aber doch weiter, nach größeren Steinen Ausschau halten.
Auf dem Weg liegt Newton Castle: ein großes mächtiges Turmhaus. Steile Wendeltreppe am Rand, in jeder Etage ein runder Raum - gemütlich ist das Haus nicht unbedingt. Aber alles ist restauriert, das neue Dach nach der alten Konstruktion ist erst vor kurzem fertiggestellt worden. Ich kann die Jungs gerade noch davon abhalten, auf die Dachschrägen zu klettern.
Ein großer Dolmen liegt unerreichbar hinter einer hohen Mauer. Wir sind nicht die einzigen, die auf Zehenspitzen stehend hinüberspähen. Vielleicht ist in der Ferne noch ein zweiter Dolmen - wir sind uns nicht ganz sicher.
Der Poulnabrone Dolmen ist ein Muß. Weit aus der Ferne ist er schon an der langen Autoreihe am Straßenrand zu erkennen. Dieses Gebiet hat die Irische Regierung gekauft, so daß wir hinlaufen können. Eine Tafel weist extra darauf hin, ist wohl vermutlich eine Ausnahme.
Wir finden es genauso unterhaltsam wie viele andere uns darunter zu stellen und das beeindruckende Gebilde aus allen Richtungen zu fotografieren. Magische Schwingungen lassen sich bei dem Trubel allerdings nicht erspüren.
Das Wetter ist immer noch schön - das heißt, es regnet nicht und ist auch einigermaßen warm. Ein auf der Karte verzeichnetes Stone Fort können wir nicht finden; wir fahren einige Male hin und her und machen uns schließlich auf den Weg zum Nächsten. Hier in Cattermacnaghten wollen wir unser Picknick auspacken, aber ein fleißiger Mensch mit einer Motorsense mäht geduldig das hohe Gras von der Fläche. Das noch zu bearbeitende Stück ist uns zu groß, um zu warten bis er fertig ist. Schade, es ist ein schöner Fleck, aber wir fahren weiter und halten irgendwo im Wald. Hier ist es zwar nicht so schön wie in dem Fort, aber dafür ruhig.
Kreuz und quer führt uns unser Weg durch den Burren. Die Steinwüsten vom Anfang haben wir aber wohl endgültig hinter uns gelassen. An einer Weggabelung halten wir am Lehmaneh Castle - immer noch mächtig und trotzig schaut es über das Land.
Die Sonne sinkt langsam tiefer; ein letztes Mal fahren wir über den Burren, Richtung Norden. Regina und Peter hupen plötzlich und fahren an den Straßenrand: sie haben eine alte Green Road entdeckt. Beginnend im Irgendwo zieht sie sich in sanften Wellen immer weiter bis zum Horizont. Wir laufen ein Stück bergan und denken nach über das sinnlose Leid unter dem diese sinnlose Straße gebaut wurde.
Über diese Steine hier ist inzwischen Gras gewachsen; blaue Schmetterlinge flattern vor uns her. Stille und Frieden auf dieser Straße - aber wie tief mag die Erinnerung verwurzelt sein?
Regina und Peter laufen noch weiter, ich bleibe mit Conrad zurück. Weiße Berge vor blauem Himmel, grünes blütengesprenkeltes Gras, dichte warme Luft und ein unbeschreiblicher Frieden über allem. Nur schwer können wir uns losreißen, aber der Heimweg ist noch lang.
An diesem Abend treffen wir unsere Vermieter, ganz liebe warmherzige Menschen. Wir reden über dies und das und freuen uns über ihren Spaß an unseren Mitbringseln; kleinen Holzdingen aus dem Erzgebirge.
Diesen letzten Abend hier beschließen wir im Pub. Die angekündigte Life-music stellt sich als die gleiche Country music wie an unserem ersten Abend hier heraus. Noch einmal wollen wir das nicht hören. An Pubs mangelt es hier nicht; wir setzen uns in eine kleine gemütliche Stube auf der anderen Straßenseite. Das Bier hier hat kein Shamrock im Schaum, schmeckt aber genausogut.
Hier hängt auch das Schild, wo hingewiesen wird, daß Alkohol erst an 18 ausgeschenkt wird. Kathi trinkt hier also Cola.
Jugendliche spielen Dart; an der Theke sitzen Männer, die uns immer mal ansehen, aber zurückhaltend bleiben. Vielleicht hätten wir sie einladen sollen, ein wenig reden, aber wir sind uns auch unsicher und wollen uns nicht aufdrängeln. Vielleicht das nächste Mal.
Mit ein wenig Wehmut fahren wir das letzte Mal in unser "Zuhause", aber wir haben ja noch eine Woche vor uns.